SACHBUCH/ESSAYISTIK

© Isaac-Kasamani

Simone Schlindwein: Der grüne Krieg. Wie in Afrika die Natur auf Kosten der Menschen geschützt wird - und was der Westen damit zu tun hat (Ch. Links Verlag)

Über das Buch

Auf Basis von langjährigen Recherchen im Kongo und Uganda berichtet Simone Schildwein von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen im Namen des Naturschutzes. Nationalparks werden zu Festungen ausgebaut und hochgerüstete Wildhüter wenden Gewalt gegen Indigene und örtliche Bauern an. Als Geldgeber sind darin westliche Länder wie Deutschland verstrickt, deren Rüstungskonzerne zugleich von der Militarisierung des Naturschutzes profitieren. Schildwein macht deutlich, dass die „Rettung des Planeten“ mehr Verantwortungsbewusstsein erfordert und Menschenrechte in der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen eine Schlüsselrolle spielen.

Zur Begründung der Jury

Was wiegt mehr, Artenvielfalt oder Menschenrechte? Und wie ließe sich beides zusammendenken, wenn man das lokale Wissen berücksichtigen würde? Diese Fragen fokussiert das Buch von Simone Schlindwein. Ihre umfassenden Recherchen über Nationalparks im Kongo und in Uganda führen zu unbequemen Einsichten. Dem verklärten Afrika-Bild der Deutschen widmet sie sich dabei ebenso engagiert und kenntnisreich wie der fragwürdigen Förderpolitik westlicher Länder.

Über die Autorin

Simone Schlindwein, Jahrgang 1980, ist taz-Korrespondentin für die DR Kongo, Ruanda, Burundi, Uganda, die Zentralafrikanische Republik und den Südsudan. Für ihre Arbeit wurde sie u. a. mit dem Journalistenpreis „Der lange Atem“ sowie dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet. Bei Ch. Links erschienen 2016 TATORT KONGO (mit Dominic Johnson & Bianca Schmolze) und 2017 DIKTATOREN ALS TÜRSTEHER EUROPAS (mit Christian Jakob).

Leseprobe

»Die Menschen werden durch die Naturschutzmaßnahmen immer ärmer«, stellt der Kongolese Jérôme Tanzi betrübt fest. »Dabei liegen in der Natur um uns herum alle Reichtümer dieser Welt.

Für uns Kongolesen ist dies ein Paradoxon, das wir nicht verstehen. Die Natur ist das Haus, in dem wir leben«, erklärt der promovierte Ökologe den afrikanischen Ansatz, Mensch und Natur als Einheit zu betrachten. Die Afrikaner verstehen die Natur nicht als »menschenleere Wildnis«, sondern der Mensch sei stets Teil des gesamten Natursystems. Die Europäer hätten während der Kolonialzeit ihr Naturverständnis nach Afrika gebracht. Die zahlreichen Nationalparks seien das Erbe dieser Kolonialisierung bis heute. »Sie haben uns aus unserem eigenen Haus ausgesperrt und werfen uns nun vor, es zerstören zu wollen.«

Afrikas Naturschützer fühlen sich in einem Dilemma: Einerseits wurde von westlichen Gebern noch nie so viel Geld wie jetzt zur Verfügung gestellt, um Natur- und Artenschutz auf dem Kontinent zu betreiben. Andererseits fühlen sie sich bei der Frage, welcher Ansatz angebracht sei, übergangen. Dabei haben sie Lösungsvorschläge parat, die sich kostengünstiger und ohne Waffengewalt durchsetzen ließen, sagen sie.